Klobige Klimaanlage

Wie Terrakotta Häuser kühlt

Mitten in einer gnadenlosen Hitzewelle, die Indien diesen Sommer mit rekordverdächtigen Temperaturen von über 50 Grad Celsius heimsuchte, erlebte eine uralte, traditionelle Kühltechnik ein beeindruckendes Comeback. Während moderne Klimaanlagen in vielen Haushalten auf Hochtouren laufen, bieten die guten alten Terrakotta-Töpfe eine umweltfreundliche Alternative, um der sengenden Hitze zu trotzen.1

In vielen ländlichen Gegenden Indiens hat man Terrakotta schon seit Tausenden von Jahren zur Kühlung verwendet. Die Tontöpfe, bekannt unter dem Namen "Matka", sind tief in der indischen Kultur verwurzelt – ihre Ursprünge lassen sich bis zur 3000 Jahre alten Harappan-Zivilisation zurückverfolgen. Das Prinzip hinter diesen natürlichen Kühlschränken ist einfach, aber effektiv: Wasser dringt in die poröse Struktur des Terrakottas ein und beim Verdunsten wird der Umgebung Wärme entzogen, was die Temperatur des verbleibenden Wassers im Topf senkt.2

Angesichts der extremen Hitze und der zunehmenden Trockenheit, die den Norden Indiens in Mitleidenschaft zieht und den Wasserstand in vielen Stauseen dramatisch sinken lässt, ist jede umweltschonende Kühlungsmethode Gold wert. In diesem Kontext hat Monish Siripurapu, Gründer der Firma CoolAnt und leitender Architekt, das traditionelle Konzept neu interpretiert und für moderne Anwendungen optimiert.3

Siripurapu's Innovation, der sogenannte "Beehive", ist ein System aus etwa 800 bis 900 handgefertigten Terrakotta-Kegeln, die wabenförmig um einen Edelstahlrahmen angeordnet sind. Recyceltes Wasser wird über diese Kegel gepumpt, und die Verdunstungskühle, die dabei entsteht, kann die Lufttemperatur signifikant senken. Seit der ersten Installation hat CoolAnt bereits 35 dieser Beehives in Schulen, öffentlichen Einrichtungen, Flughäfen und Geschäftszentren landesweit installiert und damit für spürbare Erleichterung gesorgt.4

Die Effektivität der Terrakotta-Kühlung hängt allerdings von der Luftfeuchtigkeit ab. In sehr feuchten Bedingungen ist das Verdunstungspotenzial geringer, was die Kühlleistung einschränkt. Dennoch hat CoolAnt festgestellt, dass der Beehive die Temperatur um bis zu 15 Grad senken kann – eine beachtliche Leistung, die in der Praxis einen deutlichen Unterschied im Kampf gegen die Hitze macht.5

Dieser innovative Ansatz zeigt, wie alte Weisheiten und moderne Technik zusammenkommen können, um nachhaltige Lösungen für drängende Umweltprobleme zu bieten. Es ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Tradition nicht nur bewahrt, sondern als Inspiration für zeitgemäße Problemlösungen genutzt werden kann.


Quellenangaben:

1 Watson.de: Uralte Tradition gegen Hitzewelle: Indien setzt auf Klimaanlage aus Terrakotta: https://www.watson.de/nachhaltigkeit/good-news/353256858-hitzewelle-in-indien-unternehmen-entwickelt-klimaanlage-aus-terrakotta 
(abgerufen am 12.06.2024)

2 Ebd.

3 Ebd.

4 Ebd.

5 Ebd.